Deutsche Rentenversicherung

Newsletter 3/2024

Thema: Digitale Rentenübersicht, Förderung von Aus- und Weiterbildung, Arbeit auf Probe u.v.m.

Liebe Leserinnen und Leser,

 

Arbeitgeber und Mitarbeitende gemeinsam, sozusagen Hand in Hand – was für manche wie eine Utopie klingt, ist für die gesetzliche Rentenversicherung Realität. Seit über 130 Jahren finanziert sie sich über Beiträge, die beide Sozialpartner gleichermaßen entrichten. Viele wissen nicht, dass auch ihre Entscheidungsgremien entsprechend paritätisch besetzt sind. 

Wenig bekannt sind auch die Leistungen, welche „die Rente“ für Arbeitgeber erbringt. Einmal im Jahr lädt die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg deshalb zu einem Arbeitgebertreffen in ihren Standort Berlin. Auch in diesem Jahr, am 23. Mai, waren etwa 100 Teilnehmende aus Großunternehmen ebenso wie Kliniken, Landkreise und den kleinen Handwerksbetrieb an der Ecke vertreten. Das praxisnahe Treffen stieß auf großes Interesse. Immer mehr Unternehmen erkennen, welch knappe Ressource Mitarbeitende sind und wie wichtig es ist, Know-How im Unternehmen zu halten. Oberthema des diesjährigen Treffens war zum Beispiel das Betriebliche Eingliederungsmanagement, Fachanwalt Dr. Blaufelder referierte über dessen rechtssichere Gestaltung. 

Zusätzlich informierten die Mitarbeitenden des Referats Firmenservice über den Ablauf des Beantragens von Leistungen der Rentenversicherung. Sie erläuterten, unter welchen Voraussetzungen was möglich ist und welche Optionen Arbeitgeber und Beschäftigte(r) dann haben. 

Die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg hat sich als stabiler Netzwerkpartner für die Unternehmen der Region etabliert. Unsere Treffen werden von den teilnehmenden Arbeitgebern auch als Netzwerk-Plattform und Möglichkeit zum Austausch sehr geschätzt. Das nächste Treffen am 22.05.2025 wird schon vorbereitet. Personalverantwortlichen in Unternehmen, die schon vorher eine Frage haben, stehen mehrere Kontaktmöglichkeiten zum Firmenservice offen. Sie können sich per E-Mail an firmenservice@drv-berlin-brandenburg.de wenden, oder telefonisch an die 030 3002-1558 und die Service-Hotline unter 0800 1000 453 

Denken Sie weiterhin daran: Ob Vorträge zu Themen wie Prävention, Reha, Rente und Altersvorsorge auf Ihren Betriebs- und Schwerbehindertenversammlungen oder Schulungsveranstaltungen für Ihre Mitarbeitenden, Gesundheitstage oder Betriebssprechtage – wir sind sowohl vor Ort bei Ihnen oder auch gern per Video dabei. Also nutzen Sie unsere Angebote auf Ihren Veranstaltungen und sprechen Sie uns an. 

  • Frau Bellgarth (030 3002 1558)        
  • Herr Hanitzsch (030 3002 1557)        
  • Frau Ilschner (030 3002 1560)     

Ihr Team des Firmenservice der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg

 

Große Resonanz auf neue Website „Digitale Rentenübersicht“

 Mit der Digitalen Rentenübersicht kann sich seit Anfang des Jahres jeder einen Überblick über seine individuellen Ansprüche auf Alterseinkünfte aus den drei Vorsorge-“Säulen” gesetzliche Rente, betriebliche und private Altersvorsorge verschaffen. Der Grund: Seit Januar ist - nach einer Pilotphase im zweiten Halbjahr 2023 - die Digitale Rentenübersicht im Regelbetrieb. Und die Resonanz der Bürgerinnen und Bürger ist nach Angaben der zuständigen Zentralen Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR) “durchweg positiv”: Seit dem Start Anfang des Jahres habe man bereits 1,7 Millionen Besucherinnen und Besucher verzeichnet, teilte die ZfDR mit. Zudem seien mehr als 152.000 Anmeldungen registriert worden.

Neben der steigenden Nutzerzahl konnte demnach auch die Anzahl der angebundenen Vorsorgeeinrichtungen kontinuierlich erhöht werden. Von anfänglich drei angebundenen Vorsorgeeinrichtungen sei die Zahl mittlerweile auf 288 angestiegen, heißt es. Zahlreiche weitere Vorsorgeeinrichtungen befänden sich aufgrund der zu Beginn des Jahres in Kraft getretenen gesetzlichen Verpflichtung ebenfalls im Anbindungsprozess an die ZfDR. “Bürgerinnen und Bürger können bis Ende dieses Jahres damit rechnen, ihre Altersvorsorgebausteine einsehen zu können”, zeigt sich die für die ZfDR verantwortliche Deutsche Rentenversicherung Bund zuversichtlich. 

Gute Altersvorsorgeplanung: Lücken erkennen und gezielt vorsorgen 

 Ziel der Digitalen Rentenübersicht ist es, eine gute Informationsgrundlage zu schaffen, bei der alle Altersvorsorgebausteine eingesehen werden können. Bisher werden die Informationen zum Stand der Altersvorsorge-Ansprüche, die Standmitteilungen, von jedem Anbieter postalisch bereitgestellt. „Mit der Digitalen Rentenübersicht haben wir gemeinsam ein ausgezeichnetes Produkt auf den Weg gebracht. Und wir haben weitere Ziele. Mit der Anbindungsverpflichtung bis Ende 2024 können Bürgerinnen und Bürger einen weit übergreifenden Teil ihrer Altersvorsorgeansprüche gebündelt einsehen und mit diesem Kenntnisstand in eine zielgerichtete Altersvorsorgeplanung gehen. In drei Worten: Sehen, verstehen, handeln", sagte Stephan Fasshauer, Direktor der Deutschen Rentenversicherung Bund.  

„Die Digitale Rentenübersicht ermöglicht einen Überblick über die eigenen finanziellen Ansprüche aus der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge. Die Daten der Plattform können durch die Bürgerinnen und Bürger jederzeit abgerufen und für Beratungsgespräche genutzt werden. So wird es leichter möglich, potenzielle Lücken in der Altersversorgung frühzeitig zu erkennen und gezielter vorzusorgen", ergänzte Florian Toncar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesfinanzministerium. 

Digitale Rentenübersicht: Alle drei Säulen der Altersvorsorge auf einen Blick 

 „Die Digitale Rentenübersicht unterstützt Entscheidungen zur Altersvorsorge. Sie verschafft einen Überblick über alle drei Schichten: Die gesetzliche Rentenversicherung, die betriebliche und die private Altersvorsorge. Damit die digitale Rentenübersicht funktioniert arbeiten viele unterschiedliche Stellen zusammen. Von der Rentenversicherung, den Anbietern der betrieblichen und privaten Altersvorsorge, den Verbraucherorganisationen bis zu den beteiligten Bundesministerien. Ich freue mich, dass das gut gelungen ist“, hebt Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium (BMAS), hervor. Das Online-Portal biete damit eine einheitliche, vergleichbare und nutzerfreundliche Darstellung der individuell erwartbaren Vorsorgesituation im Alter.  

Die Förderung von Aus- und Weiterbildung wird weiter gestärkt

 Zum 1. April 2024 traten neue gesetzliche Regelungen in Kraft

 Seit Sommer 2023 gilt das Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung. Zum 1. April 2024 traten weitere umfangreiche Verbesserungen in Kraft, zu denen Elemente der Ausbildungsgarantie und das Qualifizierungsgeld gehören. 

Deutschland braucht dringend Fachkräfte. Aus- und Weiterbildung sind eine zentrale Antwort auf den Fachkräftemangel. Deshalb stärken wir die berufliche Ausbildung in Deutschland weiter. Mit der Ausbildungsgarantie setzen wir auf bessere Berufsberatung, Zuschüsse für Auszubildende, die fernab der Heimat eine Ausbildung machen und mehr Angebote für Jugendliche, die Probleme haben, einen Ausbildungsplatz in ihrer Region zu finden. Denn die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen. Außerdem stärken wir mit dem neuen Qualifizierungsgeld die Möglichkeiten, um Beschäftigte von heute fit zu machen für die Arbeit von morgen. Mit dem Qualifizierungsgeld führen wir dafür eine neue Förderung ein, um sie in der Transformation zu unterstützen.

HUBERTUS HEIL, BUNDESMINISTER FÜR ARBEIT UND SOZIALES 

Die Ausbildungsgarantie umfasst verschiedene Beratungs- und Unterstützungs­angebote für junge Menschen – angefangen bei der beruflichen Orientierung und Beratung bis hin zu Hilfen bei der Aufnahme und für den erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung. Neben einem geförderten Berufsorientierungs­praktikum für Schul­abgänger­innen und -abgänger steht künftig auch ein neuer Mobilitäts­zuschuss für Auszu­bildende zur Verfügung. Wer eine Ausbildung in einer anderen Region beginnt, kann einen Zuschuss für zwei monatliche Familien­heim­fahrten im ersten Ausbil­dungs­jahr erhalten. Zudem wird ein Rechts­anspruch auf Förderung einer außer­betrieblichen Berufs­ausbildung zum 1. August 2024 eingeführt, wenn junge Menschen in einer Region mit zu wenig Ausbildungs­plätzen wohnen und trotz eigener Bemühungen keinen Ausbildungs­platz finden. 

Das neue Qualifizierungs­geld unterstützt Betriebe, die besonders vom Struktur­wandel betroffen sind. Ziel ist, die Beschäftigten durch bedarfs­gerechte Qualifi­zierung im Betrieb zu halten und Fach­kräfte zu sichern. Das Qualifizierungs­geld wird angelehnt an das Kurzarbeiter­geld als Entgelt­ersatz in Höhe von 60 bzw. 67 Prozent des Netto­ent­geltes gezahlt, welches auf die Zeit der Weiter­bildung entfällt. 

Bei der Weiter­bildungs­förderung für Beschäf­tigte wird die Förder­syste­matik mit festen Förder­sätzen und weniger Förder­kate­gorien vereinfacht. Zudem steht die Förderung in Zukunft allen Arbeit­gebern und Beschäf­tigten offen und ist nicht mehr abhängig davon, ob ein Unter­nehmen vom Struktur­wandel betroff­en ist oder es sich um Engpass­berufe handelt. 

Lesetipp: Geflüchtete im Betrieb integrieren

Der INQA-Kurzcheck hilft Ihnen beim erfolgreichen Vorbereiten und Gestalten der Beschäftigung von Geflüchteten. Nutzen Sie den Check und wählen Sie aus, welche Maßnahmen für Ihren Betrieb oder Ihre Organisation passen. Hier geht´s zum Dokument!  

Arbeit auf Probe

 Erwerbsgeminderte Menschen können sich nun sechs Monate auf dem Arbeitsmarkt testen. Ihr Rentenanspruch bleibt erhalten.

 Viele erwerbsgeminderte Menschen würden sich gerne einmal auf dem Arbeitsmarkt ausprobieren: Kann ich vielleicht trotz meines Rückenleidens oder meiner Angststörung wieder einem geregelten Job nachgehen? Der Gesetzgeber hat nun eine Neuregelung beschlossen: Sechs Monate lang kann sich eine erwerbsgeminderte Person auf einem Arbeitsplatz ausprobieren – ohne ihren Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zu gefährden. Eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten Versicherte, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählen versicherungsrechtliche und medizinische Voraussetzungen. Die medizinischen Voraussetzungen erfüllt, wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mindestens sechs Stunden pro Tag einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Wer teilweise erwerbsgemindert ist, zum Beispiel noch vier Stunden arbeiten kann, dem dient die Rente dazu, das Einkommen zu ergänzen. Auch diese Menschen können nun ausprobieren, ob sie vielleicht wieder mehr Stunden pro Tag schaffen. Für erwerbsgeminderte Menschen, deren Renten in der Regel für einen befristeten Zeitraum bewilligt werden, entsteht so mehr Planungssicherheit. 

Arbeiten in Europa – kein Nachteil bei der Rente

 Das Europarecht stellt sicher, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern keine Nachteile bei ihrer sozialen Absicherung entstehen, wenn sie im europäischen Ausland leben und arbeiten. Und auch viele Rentnerinnen und Rentner verbringen ihren Lebensabend im europäischen Ausland und beziehen dort ihre Rente aus Deutschland. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) zahlte im Jahr 2022 insgesamt rund 1,71 Millionen Renten ins Ausland. Knapp 72 Prozent der Auslandsrenten gehen in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), insgesamt rund 1,23 Millionen Zahlungen. Das entspricht rund 4,7 Prozent aller Rentenzahlungen der DRV.

Knapp 231.000 Renten werden an deutsche Rentnerinnen und Rentner mit Wohnsitz im Ausland gezahlt, davon fast 126.000 in Länder der EU. Hier verzeichnet Österreich den höchsten Anteil, mit knapp 28.000 Renten - gefolgt von Spanien (rund 22.000). Außerhalb der EU erfreuen sich mit rund 26.000 Zahlungen die Schweiz und die USA (rund 21.000) bei deutschen Rentenempfängern der größten Beliebtheit. 

Ausländische Beschäftigte zahlen Rentenversicherungsbeiträge

 Allein in Deutschland haben zuletzt rund 2,46 Millionen Menschen aus anderen Staaten der EU gearbeitet und Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt. Vor zehn Jahren waren es noch rund 0,98 Millionen. Das entspricht einer Steigerung auf das 2,5-fache an Beschäftigten aus EU-Mitgliedstaaten. Zurückzuführen ist diese Entwicklung insbesondere auf die verbesserte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Sie hat das Arbeiten in Deutschland für viele EU-Bürger erleichtert und ihren Zuzug begünstigt. Mit insgesamt rund 521.000 Beschäftigten bilden polnische Staatsangehörige die größte Gruppe, gefolgt von rund 464.000 rumänischen und rund 285.000 italienischen Staatsangehörigen. Ihre Beiträge wirken sich positiv auf die Einnahmen der Rentenversicherung aus. 

Beschäftigungszeiten im europäischen Ausland zählen für die Rente

 Die sozialen Sicherungssysteme in den 27 Ländern der EU sind zum Teil sehr unterschiedlich. Eins haben sie jedoch gemeinsam: Eine Rente wird nur gezahlt, wenn bestimmte Mindestversicherungszeiten erfüllt sind. Hierfür können Versicherungszeiten, die in den verschiedenen Mitgliedstaaten zurückgelegt wurden, zusammengerechnet werden. So erfüllt zum Beispiel ein Versicherter, der 20 Jahre in Deutschland und 25 Jahre in Frankreich gearbeitet hat, die Mindestversicherungszeit von 45 Jahren, um vorzeitig eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte aus der deutschen Rentenversicherung beziehen zu können. 

Rentenzahlungen aus mehreren Ländern möglich

 Sind die Voraussetzungen für eine Rente erfüllt, zahlt jeder Staat aus den in seinem sozialen Sicherungssystem zurückgelegten Zeiten eine eigene Rente. Es ist daher möglich, dass Rentenzahlungen zeitgleich aus mehreren Staaten erfolgen. Eine "Gesamtrente", die von einem Land auch für andere Länder gezahlt wird, gibt es grundsätzlich nicht. Wer die Mindestversicherungszeit in der Deutschen Rentenversicherung trotz der Zusammenrechnung von Zeiten nicht erfüllt und dadurch keine Rente erhält, kann sich die gezahlten Beiträge unter bestimmten Voraussetzungen erstatten lassen. 

Arbeiten im Homeoffice – wann Sie versichert sind

 Wer im Betrieb oder auf dem Arbeitsweg einen Unfall erleidet, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das gilt spätestens seit 2021 auch bei Unfällen im Homeoffice. Das Bundessozialgericht hat diesen Schutz mit einer Entscheidung zu einem Unfall im häuslichen Heizungskeller jüngst nochmals erweitert. Ein Überblick über Gesetzeslage und Gerichtsentscheidungen. 

Gleicher Versicherungsschutz im Homeoffice wie im Betrieb

 Corona sei Dank. Die Pandemie hat die Arbeit im Homeoffice salonfähig gemacht. Und damit auch Druck auf den Gesetzgeber ausgeübt. Seit dem 18.06.2021 gelten durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz neue Regelungen. Nicht nur für diejenigen, die im Homeoffice arbeiten, sondern für alle mobil Arbeitenden – auch für diejenigen, die ihre Büroarbeit im Intercity oder auf einer Parkbank erledigen.  Für sie gilt seitdem der gleiche Versicherungsschutz wie für diejenigen, die in Betrieben tätig sind.

Eine weitere Änderung gab es bei dem Versicherungsschutz auf den Wegen, die Versicherte zurücklegen, um ihre Kinder in eine externe Betreuung zu bringen, also in die Kita, den Kindergarten oder die Schule. Für Versicherte, die außerhaus arbeiten, gilt schon bisher: Wenn sie auf dem Weg zur Arbeit einen Umweg machen, um ihr Kind zur Kita oder zur Schule zu bringen, sind sie dabei weiterhin versichert. Für zu Hause tätige Versicherte waren Wege, um Kinder in Betreuung zu geben, früher dagegen nicht versichert. Doch seit dem 18.06.2021 gilt: Bringen Versicherte ihr Kind, das mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt lebt, aus dem Homeoffice zu einer externen Betreuung, stehen sie auf dem direkten Hin- und Rückweg unter Versicherungsschutz. 

Die gesetzliche Regelung zum Homeoffice-Unfallschutz

“Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt des Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.” 

(§ 8 Absatz 1, Sozialgesetzbuch VII)

 Versicherungsschutz bei Heizungskontrolle im Homeoffice

 Am 21.03.2024 hatte sich das Bundessozialgericht (BSG) zum ersten Mal mit einem Unfall zu beschäftigen, der die Haustechnik am Homeoffice-Arbeitsplatz betraf. Wer zu Hause arbeitet, ist – zumindest in der kalten Jahreszeit – auf eine funktionierende Heizung und generell in der Regel auf Elektrizität angewiesen.  

Im jüngst vor dem BSG verhandelten Fall ging es um einen selbstständigen Busunternehmer, der seinen häuslichen Arbeitsplatz (ein gesondertes Büro hatte er nicht) in seinem Wohnzimmer hatte. Er bewohnte ein Haus, dessen Wohnzimmer er als häuslichen Arbeitsplatz für Büroarbeiten nutzte. Hier hatte er seinen Schreibtisch und dort stand auch sein PC. 

Am Unfalltag holte er zunächst seine beiden Kinder von der Schule ab und begab sich anschließend an seinen Arbeitsplatz. Nachdem er festgestellt hatte, dass die Heizkörper im ganzen Haus kalt waren, ging er in den Keller, um die Heizungsanlage zu überprüfen. Beim Hochdrehen des Temperaturschalters kam es aufgrund eines Defekts der Heizungsanlage zu einer Verpuffung im Heizkessel. Die Folge war unter anderem eine schwere Augenverletzung. Die zuständige Berufsgenossenschaft hielt dies für keinen Arbeitsunfall, schließlich sei es zumindest auch darum gegangen, die Kinder mit Wärme zu versorgen. 

Das BSG befand dagegen: “Das unfallbringende Drehen am Temperaturregler seiner Heizung stand in einem sachlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers im Homeoffice.” Schließlich habe er auch seinen häuslichen Arbeitsplatz mit höheren Temperaturen versorgen wollen.  Die Benutzung des Temperaturreglers sei “objektiv unternehmensdienlich und der Heizungsdefekt nicht mehr ein unversichertes Risiko aus dem privaten Lebensbereich”.

Zudem stellte das BSG klar: “Bei unternehmensdienlichen Verrichtungen sind indes auch im Homeoffice die von privaten Gegenständen ausgehenden Gefahren versichert.” Die eingeschränkten Möglichkeiten zur präventiven, sicheren Gestaltung von häuslichen Arbeitsplätzen rechtfertigten keine Einschränkungen des Versicherungsschutzes

(Aktenzeichen: B 2 U 14/21 R). 

Armbruch in der Mittagspause: Arbeitsunfall

 Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte sich am 16.03.2023 mit dem Unfall eines im Homeoffice arbeitenden Krankenkassenangestellten zu beschäftigen. Der Mann war in der Mittagspause zu einem 350 Meter von seiner Wohnung entfernten Imbissstand gegangen und hatte sich dort ein gegrilltes Hähnchen gekauft. Auf dem Rückweg stolperte er und brach sich den Arm. 

Für Arbeitnehmer, die nicht zu Hause, sondern im Betrieb tätig sind, können auch Wege in der Arbeitspause zum Einkauf von Nahrungsmitteln zum Verzehr im Betrieb oder der Weg zu einer Gaststätte oder einem Restaurant außerhalb des Betriebsgeländes unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Das hatte das BSG bereits entschieden (Aktenzeichen: 2 RU 5/89). Vergleichbares müsse auch für Arbeitnehmer im Homeoffice gelten, befand das Landessozialgericht. Die zugelassene Revision beim BSG wurde nicht eingelegt, also wurde das Urteil rechtskräftig (L 14 U 29/22). 

Genauso hatte zuvor schon die Vorinstanz, das Sozialgericht Stade, entschieden. Es hatte allerdings hinzugefügt, dass dies nur im Zusammenhang mit der täglichen Mittagspause gelte. Ansonsten könne das jeweils zu jedem beliebigen Zeitpunkt auftretende Hungergefühl zu einem rund um die Uhr geltenden Versicherungsschutz führen. 

Der Weg aus dem Bett ins Homeoffice

 “Ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Homeoffice stürzt, ist durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt.” Mit dieser Feststellung beginnt die Pressemitteilung des BSG zu einem am 08.12.2021 gefällten Urteil, mit dem die Entscheidung der Vorinstanz “gekippt” wurde (B 2 U 4/21 R).  Der Satz enthält allerdings einen Fehler: Eigentlich müsste hier “Versicherter” statt “Beschäftigter” stehen. Denn die Homeoffice-Regeln zum Unfallversicherungsschutz gelten genauso für selbstständig tätige Versicherte – soweit sie in der gesetzlichen Unfallversicherung freiwillig oder pflichtversichert sind.  

Verhandelt wurde in Kassel, ob es sich bei einem Treppensturz eines im Homeoffice arbeitenden Beschäftigten um einen “Arbeitsunfall” im Sinne des Sozialgesetzbuch (SGB) VII gehandelt hatte. Der Betroffene befand sich zum Unfallzeitpunkt auf dem Weg zur Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in sein eine Etage tiefer liegendes häusliches Büro. Dort beginnt er üblicherweise – so fasste das BSG die Tatsachendarstellung der Vorinstanzen zusammen – “unmittelbar zu arbeiten, ohne vorher zu frühstücken. Beim Beschreiten der die Räume verbindenden Wendeltreppe rutschte er aus und brach sich einen Brustwirbel”. All das war unstrittig. Strittig war nur, ob sich auf dem Weg vom Schlafzimmer zur Arbeitsaufnahme in den eigenen vier Wänden eines Versicherten ein Arbeitsunfall ereignen kann.  

Das BSG stellte klar, dass auch Wege zur ersten Aufnahme von Arbeitshandlungen im Privathaushalt eines Versicherten unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Im entschiedenen Fall war der Weg vom Bett ins Homeoffice sozusagen der Arbeitsweg. 

Der Rückweg vom Büro in Privaträume

 Wenn Arbeitnehmer, die eindeutig im Homeoffice arbeiten, nach Beendigung ihrer Arbeit auf dem (Rück-)Weg in die Privaträume ihrer Wohnung auf der Treppe stürzen, dann ist das genauso zu beurteilen wie ein Treppenunfall auf dem (Hin-)Weg ins häusliche Arbeitszimmer. Es handelt sich deshalb um einen Arbeitsunfall.  

Das befand das Sozialgericht Schwerin in einer Entscheidung vom 13.12.2022 (Aktenzeichen:  S 16 U 49/22). Das Urteil wurde rechtskräftig. Es betraf eine Sachbearbeiterin/Integrationsfachkraft bei der Bundesagentur für Arbeit. Die örtliche Arbeitszeitvereinbarung sah vor, dass die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Homeoffice zu erbringen war.  

An einem Homeofficetag stempelte sie gegen 16.00 Uhr digital aus, fuhr den Rechner herunter, sammelte ihre Signaturkarte, ihr Headset, den Büroschlüssel und ihre Notizen vom Arbeitstag in einer üblicherweise hierfür von ihr verwendeten “blauen Mappe” und verließ den Arbeitsbereich. Auf dem Weg nach unten stürzte sie auf der Treppe und zog sich hierbei eine Sprunggelenksdistorsion mit Außenbandteilruptur rechts zu. Das Sozialgericht befand: Zuständig war hier nicht die gesetzliche Kranken-, sondern die Unfallversicherung. 

Wo die Leistungen der Unfallversicherung besser sind

 Ob nach einem Unfall die Krankenversicherung oder die gesetzliche Unfallversicherung zuständig ist, ist nicht egal. Die Unfallversicherung bietet deutlich bessere Leistungen.

 Verletztengeld: Das Verletztengeld der Unfallversicherung ist um zehn Prozentpunkte höher als das Krankengeld der Krankenkasse. Nach dem Ende der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber gewährt die Unfallversicherung Verletztengeld. Dieses beträgt 80 Prozent des entgangenen regelmäßigen Brutto-Entgeltes. Es darf aber nicht höher sein als das regelmäßige Netto-Entgelt. Das Krankengeld beträgt dagegen im Allgemeinen nur 70 Prozent vom Brutto, jedoch höchstens 90 Prozent vom Netto. 

Zuzahlungen: Die Krankenkasse erhebt Zuzahlungen – etwa zu verschriebenen Medikamenten oder beim Krankenhausaufenthalt. Eine Woche Krankenhausaufenthalt als Krankenkassenleistung kostet für gesetzlich Versicherte schon 70 Euro. Bei den Unfallversicherungsträgern gibt es keine Zuzahlungen.  

Berufliche Rehabilitation: Diese finanziert die Berufsgenossenschaft, wenn infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit der bisherige Beruf nicht mehr (oder nicht mehr in der bisherigen Form) ausgeübt werden kann. Möglich ist etwa die Finanzierung einer Umschulung. Die berufliche Reha gehört nicht zum Leistungskatalog der Krankenversicherung. 

Unfallrente: Diese zahlt die Unfallversicherung, wenn als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 Prozent eintritt. Die Krankenkassen zahlen keine Renten. 

Hinterbliebenenrente: Stirbt ein Versicherter als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, so zahlt die Unfallversicherung unter anderen einmalig ein Sterbegeld sowie Hinterbliebenenrente an die Witwe oder den Witwer beziehungsweise an den Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Kinder unter 18 Jahren haben Anspruch auf Waisenrente.