Die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und (EG) Nr. 987/2009 enthalten Regelungen für Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union wahrnehmen. Sie legen fest, in welchem Mitgliedstaat diese Personen versichert sind und wohin die Beiträge zu den einzelnen Sozialversicherungszweigen zu zahlen sind. Hierzu hat die Europäische Union folgende Grundprinzipien aufgestellt:
- Arbeitnehmer unterliegen im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt immer den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats.
- Grundsätzlich gelten für diese Arbeitnehmer die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
- Personen, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten eine Beschäftigung ausüben, unterliegen den Rechtsvorschriften des Wohnstaates, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausüben.
- Bei zeitlich befristeten Entsendungen gelten grundsätzlich die Rechtsvorschriften des Staats, in dem das entsendende Unternehmen seinen Sitz hat.
Die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und (EG) Nr. 987/2009 gelten für folgende EU-Staaten: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn sowie Zypern (griechischer Teil). Für die EWR-Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen gelten die Verordnungen seit 1. Juni 2012, für die Schweiz seit 1. April 2012.
Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hat am 29. März 2017 dem Europäischen Rat den Austritt aus der EU mitgeteilt. Zuvor hatte sich am 23. Juni 2016 eine knappe Mehrheit der britischen Bevölkerung in einem Referendum für einen Austritt ausgesprochen. Das erforderliche Ratifizierungsverfahren zum Austrittsabkommen wurde zwischenzeitlich durchgeführt. Der Austritt erfolgte zum 31. Januar 2020, das Abkommen ist am 1. Februar 2020 in Kraft getreten. Das Austrittsabkommen enthält die Bedingungen der Trennung und Regelungen für eine Übergangsphase. Hiernach gab es eine Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020, in der die Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich weitgehend unverändert blieben. In der Übergangsphase fanden demnach auch die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und (EG) Nr. 987/2009 Anwendung. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedeutete dies, dass das A1-Bescheinigungsverfahren auf jeden Fall bis zum 31. Dezember 2020 weiter galt. Die EU und das Vereinigte Königreich haben ein neues Handels- und Kooperationsabkommen ("Partnerschaftsvertrag") ausgehandelt. Dieses regelt die Beziehungen, insbesondere auch, dass die Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und (EG) Nr. 987/2009 in Verbindung mit der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71) seit 1. Januar 2021 weiterhin gelten. Für Sachverhalte, die vor dem 1. Januar 2021 einen grenzüberschreitenden Bezug zum Vereinigten Königreich hatten, gelten die Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in dem im Austrittsabkommen festgelegten Rahmen weiter. Für neue Sachverhalte ab 1. Januar 2021 kam der Partnerschaftsvertrag vorläufig zur Anwendung. Die formelle Ratifizierung durch die Zustimmung des Europäischen Parlaments erfolgte am 27. April 2021, so dass der Partnerschaftsvertrag zum 1. Mai 2021 endgültig in Kraft trat.
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