Die Reha-Therapiestandards wurden entwickelt, um eine evidenzbasierte rehabilitative Versorgung zu fördern und die medizinische Rehabilitation qualitativ zu verbessern. Außerdem sollen anhaltend auffällige und unplausible Unterschiede der therapeutischen Versorgung in den Reha-Einrichtungen reduziert werden.
Als Instrument der Reha-Qualitätssicherung ermöglichen die Reha-Therapiestandards eine systematische Qualitätsprüfung der therapeutischen Versorgung. Mit der empirischen Überprüfung der Erfüllung der Anforderungen der Reha-Therapiestandards erfolgt eine Bewertung zur Prozessqualität einer Reha-Einrichtung.
Die Reha-Therapiestandards gelten für alle federführend von der Rentenversicherung belegten Reha-Einrichtungen, die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden der Rentenversicherung in einem bestimmten Zeitraum betreut haben. Maßgeblich ist dabei die – im Reha-Entlassungsbericht dokumentierte - Erstdiagnose (ICD-10-GM). Um welche Diagnosen es sich im Einzelnen handelt, ist den jeweiligen Reha-Therapiestandards zu entnehmen (vgl. Kapitel Geltungsbereich).
Reha-Therapiestandards liegen für folgende Indikationen vor: Koronare Herzkrankheit, Diabetes mellitus Typ 2, Brustkrebs, Hüft- und Knie-TEP, Chronischer Rückenschmerz, Depressive Störungen, Alkoholabhängigkeit und Schlaganfall sowie für die Kinder- und Jugendlichenrehabilitation Asthma bronchiale, Adipositas und Neurodermitis.
Die Mindestanforderungen in den evidenzbasierten Therapiemodulen (ETM) der Reha-Therapiestandards beziehen sich auf die Dauer und ggf. Häufigkeit ausgewählter therapeutischer Leistungen sowie den Anteil entsprechend zu behandelnder Rehabilitanden. Die Mindestanforderungen sind die Qualitätsindikatoren, mit denen die Deutsche Rentenversicherung prüft, ob die Behandlung den Vorgaben entspricht.
Der Mindestanteil entsprechend zu behandelnder Rehabilitanden ist der prozentuale Anteil an Rehabilitandinnen und Rehabilitanden in einer Reha-Einrichtung, der therapeutische Leistungen aus dem jeweiligen ETM mindestens in der angegebenen Menge (Dauer und Häufigkeit) erhalten soll. Er beruht auf Erfahrungen von Expertinnen und Experten, die sich an der Entwicklung der Reha-Therapiestandards beteiligt haben.
Im Klinikalltag können Module, die eigentlich für alle Rehabilitanden erforderlich sind, nicht immer im geforderten Umfang erbracht werden - z.B. wegen neu aufgetretener Erkrankungen oder Kontraindikationen. Deshalb liegt der Mindestanteil immer unter 100 Prozent.
Begleiterkrankungen müssen grundsätzlich im Rahmen der medizinischen Rehabilitation berücksichtigt werden. Es muss abgewogen werden, welche Diagnosen, welche Einschränkungen der Aktivität und der Leistungsfähigkeit sowie welche Teilhabestörungen so bedeutsam sind, dass im Rahmen der medizinischen Rehabilitation darauf eingegangen werden muss. Die Anforderungen der evidenzbasierten Therapiemodule wurden bereits so festgelegt, dass zusätzliche Therapien bei Begleiterkrankungen durchführbar sind.
Jeder Code darf nur einmal in einem ETM aufgeführt werden, da es sonst zu einer Überbewertung von Leistungen kommt. Die ärztliche Beratung (C551 nach KTL 2015) ist in den Reha-Therapiestandards nicht berücksichtigt, da diese nicht eindeutig einem bestimmten ETM zugeordnet werden kann.
Die evidenzbasierten Therapiemodule der Reha-Therapiestandards basieren auf den nach KTL 2015 codierbaren therapeutischen Leistungen. Medikamentöse Therapien sind nicht Bestandteil der KTL und können somit in den Reha-Therapiestandards nicht abgebildet werden.
Grundsätzlich sollen die therapeutischen Leistungen durchgeführt werden, die in den evidenzbasierten Therapiemodulen der jeweiligen Indikation abgebildet sind. Darüber hinaus können weitere Therapien durchgeführt werden, sofern dies erforderlich ist. Das kann beispielsweise bei Rehabilitanden mit Begleiterkrankungen erforderlich sein. Die zusätzlich erbrachten therapeutischen Leistungen werden bei den Auswertungen zur therapeutischen Versorgung (KTL-Dokumentation) ebenfalls erfasst und im Bericht an die Reha-Einrichtungen ausgewiesen, aber nicht zur Erfüllung der Reha-Therapiestandards herangezogen.
Nicht alle angegebenen KTL-Codes eines ETM müssen verwendet werden.
Im Abschnitt KTL-Leistungseinheiten sind für das jeweilige ETM alle in Frage kommenden bzw. möglichen therapeutischen Leistungen aus der KTL 2015 aufgelistet. Aus diesen können die jeweils am besten geeigneten ausgewählt werden um dem individuellen Bedarf gerecht zu werden.
Die therapeutischen Leistungen während der Rehabilitation richten sich nach dem individuellen Bedarf der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden und dem gemeinsam vereinbarten Reha-Ziel.
Rehabilitanden, die mehr therapeutische Leistungen benötigen als in den Reha-Therapiestandards gefordert, müssen diese auch bekommen. Ein Überschreiten der Mindestanforderungen ist – soweit möglich und erforderlich – durchaus erwünscht.
Bei Rehabilitanden, die weniger therapeutische Leistungen benötigen, weil sie keinen entsprechenden Bedarf haben oder ihre Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, können die Anforderungen auch unterschritten werden.
Wenn die im Rahmen der Reha-Qualitätssicherung durchgeführten statistischen Auswertungen zu den Reha-Therapiestandards eine Untererfüllung der Anforderungen zeigen, wird dies als Diskussionsgrundlage zwischen Reha-Einrichtung und Rentenversicherungsträger genutzt – wie bei den anderen Qualitätssicherungsinstrumenten auch.
Grundsätzlich wird die Erfüllung der Anforderungen erwartet.
Die Deutsche Rentenversicherung geht davon aus, dass die Umsetzung der therapeutischen Inhalte der Reha-Therapiestandards grundsätzlich mit den vorhandenen, in den Strukturanforderungen der Deutschen Rentenversicherung festgelegten personellen Ressourcen möglich ist.
Die Reha-Therapiestandards sind entsprechend ihrem Veröffentlichungstand zunächst für drei Jahre gültig. Danach wird geprüft, ob sie noch dem aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand entsprechen. Ggf. erfolgt eine Überarbeitung.
Derzeit ist nicht geplant, weitere Reha-Therapiestandards zu erstellen. Die bisher auswählten Indikationen betreffen fast die Hälfte aller Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für Erwachsene und mehr als die Hälfte aller Leistungen für Kinder und Jugendliche.
Es ist allerdings sinnvoll, vorhandene Reha-Therapiestandards als Orientierung für die Rehabilitation von Menschen mit vergleichbaren Erkrankungen zu nutzen (z.B. Reha-Therapiestandards Brustkrebs bei der Rehabilitation von Menschen mit kolorektalem Karzinom oder Reha-Therapiestandards Alkoholabhängigkeit bei Menschen mit Medikamentenabhängigkeit).
Die Reha-Therapiestandards sind eines der Instrumente der Reha-Qualitätssicherung der Deutschen Rentenversicherung. Sie ermöglichen eine systematische Qualitätsprüfung der therapeutischen Versorgung. Mit der empirischen Überprüfung der Erfüllung der Anforderungen der Reha-Therapiestandards erfolgt eine Bewertung der Prozessqualität einer Reha-Einrichtung.
Wenn sich die Mindestvorgaben der Reha-Therapiestandards von den Qualitätsmerkmalen nach KTL (z. B. Kinder/Jugendlichen-Reha) unterscheiden, sind die Vorgaben der Reha-Therapiestandards vorrangig anzuwenden.