ES GILT DAS GESPROCHENE WORT!
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
der Duft von Glühwein und gebrannten Mandeln weht über die zahlreichen Weihnachtsmärkte. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich das Jahr dem Ende zuneigt. Ein traditionell guter Zeitpunkt, um auf der Ebene der Selbstverwaltung auf das vergangene Jahr zurückzublicken. Und so freue ich mich, Sie alle zu unserer Wintervertreterversammlung in der Hauptverwaltung in Düsseldorf begrüßen zu dürfen.
Mit meinem nachfolgenden Bericht möchte ich gemeinsam mit Ihnen einen Blick auf den Arbeitsmarkt und die finanzielle Situation der gesetzlichen Rentenversicherung werfen. Darüber hinaus möchte ich Sie über einen aktuellen Referentenentwurf der Bundesregierung informieren, der - sollte er wie geplant umgesetzt werden - weitreichende Auswirkungen auf die Selbstverwaltungshoheit der regionalen Rentenversicherungsträger hätte. Am Ende meines Berichtes möchte ich natürlich auch über die aktuelle Situation im Zusammenhang mit der Nordseeklinik Borkum und die hierzu gefassten Vorstandsbeschlüsse berichten.
Doch zunächst ein Blick auf den Arbeitsmarkt, der - wie Sie wissen - für die Beitragseinnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung von entscheidender Bedeutung ist.
Bilanzierend lässt sich feststellen, dass der deutsche Arbeitsmarkt nach wie vor stabil ist, so die Ergebnisse der vom BMAS veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen.
Die Erwerbstätigkeit in Deutschland bewegt sich weiterhin auf einem sehr hohen Niveau und hat erstmals die 46-Millionen-Marke überschritten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im September 2023 46,19 Millionen Menschen in Deutschland erwerbstätig. Das sind 3.000 mehr als im Vormonat und 297.000 mehr als vor einem Jahr. Mit 45,9 Millionen war im November 2022 der bisherige Höchststand erreicht worden.
Ein Grund für die Stabilität des Arbeitsmarktes sind insbesondere auch ausländische Fachkräfte, die eine Stütze des Arbeitsmarktes sind. Im August waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) 34,79 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 3.000 weniger als einen Monat zuvor, aber 218.000 mehr als im Vorjahresmonat. Der Anstieg beruht ausschließlich auf ausländischen Arbeitskräften.
7,58 Millionen Personen gingen im August einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nach. Das waren 220.000 mehr als ein Jahr zuvor. Davon waren 4,22 Millionen ausschließlich und 3,36 Millionen zusätzlich geringfügig beschäftigt.
Leider ist aber auch festzustellen, dass die Herbstbelebung vergleichsweise schwach ausfällt.
Im Oktober waren 2,607 Millionen Menschen arbeitslos, 20.000 weniger als im Vormonat. Das ist für einen Oktober ein sehr geringer Rückgang. Im Vergleich zum Vorjahresmonat waren 165.000 Menschen mehr arbeitslos.
Die Arbeitslosenquote lag wie im September bei 5,7 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr ist sie um 0,4 Prozentpunkte gestiegen. Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist damit weiter rückläufig. Insgesamt waren der Bundesagentur für Arbeit im Oktober 749.000 offene Stellen gemeldet, 98.000 weniger als vor einem Jahr.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Zahl der Arbeitslosen in diesem Jahr vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels in vielen Branchen nur moderat von 2,4 auf 2,6 Millionen steigen wird. Gleichzeitig wird in diesem Jahr mit einem leichten Anstieg der Erwerbstätigkeit um 0,8 Prozent gerechnet. Gegenüber dem Vorjahresergebnis hat sich der Anstieg in 2023 deutlich abgeschwächt. Für 2024 wird ein leichter Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen um 0,4 Prozent erwartet.
Bezogen auf die verfügbaren Haushaltseinkommen wird prognostiziert, dass diese im laufenden und im nächsten Jahr steigen. Ursächlich hierfür sind zum einen die steuer- und abgabenfreie Inflationsprämie und zum anderen die Tariflohnerhöhungen. Insofern ist nach Einschätzung der Bundesregierung der Anstieg der Bruttolöhne und -gehälter in diesem Jahr mit 5,6 Prozent und im nächsten Jahr mit 5,1 Prozent kräftig.
Der Arbeits- und Fachkräftemangel, so Leonie Gebers, Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, zu den aktuellen Zahlen, bleibe eines der größten Hindernisse für die deutsche Wirtschaft. Um Flüchtlinge schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren, habe die Bundesregierung deshalb den sogenannten „Jobturbo" gestartet. Ziel der im „Jobturbo" enthaltenen Maßnahmen ist die Bekämpfung des Arbeits- und Fachkräftemangels bei gleichzeitiger Entlastung der öffentlichen Haushalte. Inwieweit sich hierdurch tatsächlich Verbesserungen bei der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ergeben, bleibt abzuwarten.
Betrachten wir nun die aktuelle Finanzlage der allgemeinen Rentenversicherung.
Nach den Ergebnissen der Finanzschätzung von Oktober 2023 werden sich die Gesamteinnahmen der allgemeinen Rentenversicherung im laufenden Jahr auf rund 375,8 Milliarden Euro belaufen, wobei die Pflichtbeiträge aus Erwerbstätigkeit im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen sind. Hier wird derzeit mit Einnahmen in Höhe von 258,5 Milliarden Euro gerechnet, was einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 5,4 Prozent entspricht.
Die Bundeszuschüsse werden voraussichtlich mit 22,4 Prozent zu den Einnahmen beitragen. Auch die Beiträge, die der Bund für Kindererziehungszeiten an die Rentenversicherung zahlt, tragen mit 4,6 Prozent zu den Beitragseinnahmen bei. Diese Beiträge werden aus Bundesmitteln finanziert und dienen dem Aufbau von Rentenansprüchen während der Erziehung von Kindern in den ersten drei Lebensjahren, sind aber nicht Bestandteil des Bundeszuschusses.
Entgegen der Entwicklung der vergangenen Jahre, in denen die freiwilligen Beiträge, die insbesondere auch zum Ausgleich von Rentenabschlägen gezahlt wurden, kontinuierlich angestiegen sind, wird für das laufende Jahr erstmals wieder ein Rückgang erwartet. Die prognostizierten Einnahmen aus freiwilligen Beiträgen in Höhe von rund 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2023 bedeuten einen Rückgang um 5,6 Prozent. Es ist davon auszugehen, dass der inflationsbedingte Anstieg der Lebenshaltungskosten den Spielraum der Versicherten für eine zusätzliche Altersvorsorge spürbar eingeschränkt hat.
Abschließen möchte ich meinen Blick auf die Einnahmenseite mit den Bundeszuschüssen, die gegenüber dem Vorjahr um 4 Prozent auf insgesamt 84,3 Milliarden Euro gestiegen sind. Damit deckt der Bund die so genannten nicht beitragsgedeckten Leistungen ab und beteiligt sich darüber hinaus an den Folgen der veränderten wirtschaftlichen und demografischen Rahmenbedingungen.
Ich leite jetzt über zu den voraussichtlichen Ausgaben der allgemeinen Rentenversicherung im laufenden Jahr, die sich nach den Ergebnissen der Finanzschätzung von Oktober 2023 voraussichtlich auf 374,7 Milliarden Euro belaufen werden.
Den größten Anteil an den Ausgaben haben mit knapp 94 Prozent die Rentenausgaben und die damit in engem Zusammenhang stehenden Ausgaben für die Krankenversicherung der Rentner, die gegenüber dem Vorjahr um 5,6 bzw. 7,3 Prozent steigen.
Der größte Teil des Ausgabenanstiegs in diesem Bereich ist auf die Rentenanpassung zum 1. Juli 2023 zurückzuführen, mit der die Renten im Westen um 4,39 Prozent und im Osten um 5,86 Prozent angehoben wurden. Für sich genommen führt die Rentenanpassung zu einem Ausgabenanstieg von 5,1 Prozent. Ein deutlicher Anstieg ist auch bei den Ausgaben für Leistungen zur Teilhabe, den so genannten Rehabilitationsleistungen, zu verzeichnen. Im Vergleich zum Vorjahr steigen die Ausgaben in diesem Bereich um rund 11,1 Prozent.
„Unter dem Strich“ stehen den voraussichtlichen Einnahmen von insgesamt 375,8 Milliarden Euro also Ausgaben von insgesamt 374,7 Milliarden Euro gegenüber, so dass voraussichtlich ein Überschuss von 1,1 Milliarden Euro verbleibt. Der jetzt prognostizierte Überschuss ist insbesondere auf die deutlich gestiegenen Einnahmen aus den Pflichtbeiträgen der Erwerbstätigen zurückzuführen und wird der Nachhaltigkeitsrücklage zugeführt. Diese wird zum Jahresende voraussichtlich 44,5 Milliarden Euro betragen. Das entspricht 1,67 Monatsausgaben. Die gesetzlich festgelegte Obergrenze von 1,5 Monatsausgaben wird damit auch in diesem Jahr überschritten. Aufgrund der deutlich gestiegenen Zinsen für kurzfristige, sichere Geldanlagen führt die Nachhaltigkeitsrücklage zu einem deutlichen Plus bei den Vermögenserträgen. Eine überaus erfreuliche Entwicklung, erinnern wir uns doch alle noch an Negativzinsen, die im Jahr 2022 ein Minus von 141 Millionen Euro verursacht haben. Die Finanzen der allgemeinen Rentenversicherung können somit im Jahr 2023 als stabil bezeichnet werden.
Erlauben wir uns nun aber gemeinsam einen Blick auf die mittel – und langfristige Finanzentwicklung der allgemeinen Rentenversicherung in den kommenden Jahren, der naturgemäß aufgrund der aktuellen Krisen verschiedene Unwägbarkeiten enthält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die weitere Finanzentwicklung in der Rentenversicherung hängt auch mittel- und langfristig von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und der Lohnentwicklung ab. Die Bundesregierung geht für das Jahr 2024 davon aus, dass die Löhne um etwa 5 Prozent steigen werden. Ab 2025 wird ein durchschnittliches Wachstum um 3 Prozent angenommen. Auch hinsichtlich der Anzahl der beitragspflichtig Beschäftigten wird in den Jahren 2024 und 2025 noch von einem leichten Anstieg in Höhe von 0,3 bzw. 0,2 Prozent ausgegangen. Danach, ab dem Jahr 2026, gehen die Prognosen aufgrund des demografischen Wandels von einem Rückgang der beitragspflichtigen Beschäftigungen aus. Dennoch wird bis zum Jahr 2028 von einem Anstieg der Beitragseinnahmen von insgesamt 21 Prozent ausgegangen. Der Anstieg resultiert dann jedoch nicht aus der Zunahme der beitragspflichtigen Beschäftigungen, sondern vielmehr aus der steigenden Lohnentwicklung.
Betrachtet man die langfristige Finanzentwicklung, so wird davon ausgegangen, dass die Nachhaltigkeitsrücklage in den nächsten beiden Jahren nur leicht abnehmen wird. Für die Jahre 2024 und 2025 wird noch mit einer Nachhaltigkeitsrücklage von mehr als 1,5 Monatsausgaben gerechnet. Danach wird die Nachhaltigkeitsrücklage zur Stabilisierung des Beitragssatzes herangezogen und voraussichtlich im Jahr 2028 die gesetzliche Untergrenze von 0,2 Monatsausgaben erreichen bzw. ggf. sogar unterschreiten. Wird die Untergrenze unterschritten, muss der Beitragssatz nach den geltenden Vorschriften im erforderlichen Umfang angehoben werden.
Nach den Modellrechnungen bleibt der Beitragssatz bis 2027 konstant bei 18,6 Prozent. Da die Untergrenze der Nachhaltigkeitsrücklage nach den Modellrechnungen ohne Beitragssatzerhöhung im Jahr 2028 unterschritten würde, muss der Beitragssatz voraussichtlich im Jahr 2028 auf dann 18,7 Prozent erstmalig seit mehr als zwei Jahrzehnten wieder angehoben werden. Dieser Beitragssatz galt zuletzt in den Jahren 2015 bis 2017. Danach werden weitere Beitragssatzsteigerungen bis auf 20,2 Prozent im Jahr 2030 prognostiziert. Für das Jahr 2035 gehen die Vorausberechnungen von einem Beitragssatz in Höhe von 21,1 Prozent aus. Damit wird sowohl die bis 2025 geltende Haltelinie von 20 Prozent als auch die ab dann geltende Beitragssatzobergrenze von 22 Prozent nach den Vorausberechnungen eingehalten.
Betrachten wir nun die zukünftige Entwicklung des Rentenniveaus. Im kommenden Jahr wird das Nettorentenniveau voraussichtlich bei 48,1 Prozent liegen. Die Haltelinie für das Rentenniveau wird voraussichtlich im Jahr 2025 erreicht. Danach sinkt das gesetzliche Rentenniveau bis zum Jahr 2030 auf voraussichtlich 46,9 Prozent. Danach wird ein weiteres Absinken auf 45,4 Prozent angenommen. Die bis zum Jahr 2030 geltende gesetzliche Untergrenze für das Nettorentenniveau von 43 Prozent wird damit voraussichtlich bis zum Jahr 2035 und darüber hinaus nicht unterschritten.
Insgesamt kann daher auch für die Zukunft von einer stabilen Finanzlage der allgemeinen Rentenversicherung ausgegangen werden.
Traditionell berichtet der Vorstand in seinem Bericht an die Vertreterversammlung auch über aktuelle Gesetzesvorhaben, die den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung betreffen. Mit dieser sinnvollen Tradition möchte ich auch heute nicht brechen, zumal derzeit ein Gesetzesvorhaben in der Pipeline ist, dass die Selbstverwaltungshoheit der Regionalträger erheblich einschränken könnte.
Es ist mir daher ein besonderes Anliegen, Sie über die im Referentenentwurf eines „NIS 2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetzes“ enthaltenen Regelungen zur Erweiterung der Grundsatz- und Querschnittsaufgaben der DRV Bund zu informieren.
Referentenentwurf eines „NIS 2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetzes
Ziel des „NIS 2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetzes“ ist es, das Sicherheitsniveau flächendeckend wirksam zu erhöhen. Entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben sollen daher die bestehenden IT-Sicherheitsgesetze für den Bereich kritischer Anlagen und bestimmter Unternehmen erweitert werden. Darüber hinaus sollen entsprechende Regelungen für die Bundesverwaltung eingeführt werden.
In diesem Zusammenhang soll § 138 SGB VI um einen neuen Aufgabenbereich für die DRV Bund ergänzt werden.
Bisher regelt § 138 SGB VI - entsprechend der seinerzeit bei der Organisationsreform 2005 ausgehandelten Aufgabenverteilung zwischen der DRV Bund und den Regionalträgern - die Grundsatz- und Querschnittsaufgaben der DRV Bund. Der Bund soll nun aber nicht nur eine neue Grundsatz- oder Koordinierungsaufgabe erhalten, sondern auch konkrete Aufgaben des operativen Geschäfts übernehmen, die bisher von den Regionalträgern im Rahmen der Selbstverwaltung wahrgenommen wurden.
Die grundsätzliche Zielsetzung des Referentenentwurfs, mehr Sicherheit vor Cyberangriffen zu schaffen, wird sowohl von der Geschäftsführung als auch vom Vorstand der DRV Rheinland ausdrücklich begrüßt. Der vorgesehene Weg einer Zentralisierung der Informationstechnik und der damit verbundenen Aufgaben beim Bund ist aus unserer Sicht jedoch nicht zielführend und greift unzulässig in die Selbstverwaltungshoheit der Regionalträger ein.
Die Geschäftsführungen aller Regionalträger lehnen die geplante Neuregelung der Nr. 17 des § 138 SGB VI als überflüssig und verfehlt vollständig ab.
Auch die Arbeitsgemeinschaft der Personalvertretungen der Rentenversicherungsträger hat in einem Schreiben an Herrn Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ihre ablehnende Haltung zur gesetzlichen Neuregelung der neuen Nr. 17 des § 138 SBG VI zum Ausdruck gebracht.
Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) hat sich ebenfalls klar positioniert. Minister Laumann hat in einem wertschätzenden und ausführlichen Schreiben an den 1. Direktor der DRV Rheinland deutlich gemacht, dass die Landesregierung NRW in dem Versuch des BMAS und der DRV Bund, Zuständigkeiten zu Lasten der Regionalträger beim Bundesträger in Berlin zu zentralisieren, einen massiven Eingriff in die Selbstverwaltungs- und Organisationshoheit der Regionalträger sieht.
Die Vorsitzenden der Vertreterversammlung und die Mitglieder des Vorstandes haben im Rahmen der Vorstandssitzung am 9. November 2023 in einem Schreiben an Minister Heil darauf hingewiesen, dass die beabsichtigte Zentralisierung der Zuständigkeiten bei der DRV Bund dem mit dem „NIS 2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz“ verfolgten Ziel einer flächendeckenden und wirksamen Erhöhung des Sicherheitsniveaus diametral entgegensteht, weil dadurch effiziente Kooperationsstrukturen aufgelöst und regionale Handlungsmöglichkeiten für Versicherte und Arbeitgeber abgeschnitten werden. Wir haben in diesem Schreiben auch auf die Unwirtschaftlichkeit der Zentralisierung von Kompetenzen hingewiesen, da in Zeiten des Fachkräftemangels Kompetenzen vernichtet werden und es nachweislich bereits wirtschaftliche Ansätze für IT in der Region gibt. Entsprechende Projekte und Vorhaben haben deutlich gezeigt, dass eine Zentralisierung nicht wirtschaftlicher ist. Auch die Selbstverwaltungen der DRV Braunschweig-Hannover, DRV Mitteldeutschland, DRV Nord und DRV Westfalen haben ein gleichlautendes Schreiben an Herrn Minister Heil versandt.
Abschließend haben wir in dem Schreiben an den Bundesminister darauf hingewiesen, dass die geplante Zentralisierung wesentlicher Verantwortungsbereiche der Informationstechnologie in die Organisationshoheit und damit in den Kernbereich der regionalen Selbstverwaltung eingreift.
Auch die 100. Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat unser Anliegen unterstützt. Auf Initiative der Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Thüringen haben die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales im Rahmen eines Umlaufbeschlusses mehrheitlich beschlossen, dass zwar die Intention des Referentenentwurfs, mehr Sicherheit vor Cyberangriffen auch im Bereich der Rentenversicherung zu schaffen, grundsätzlich begrüßt wird. Gleichzeitig hat die Arbeits- und Sozialministerkonferenz jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das angestrebte Ziel auch mit den bestehenden gesetzlichen Regelungen erreicht werden kann.
Weiter hat die Arbeits- und Sozialministerkonferenz festgestellt, dass die jetzt geplanten Regelungen die im „Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung“ enthaltenen Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern über einen Katalog von Grundsatz- und Querschnittsaufgaben für die DRV Bund auf der Grundlage des von der Selbstverwaltung entwickelten Sozialpartnermodells ignorieren. Der Gesetzgeber würde damit von der Grundregel des § 138 Abs. 2 Satz 1 SGB VI abweichen, wonach die erforderlichen Festlegungen weiterer Grundsatz- und Querschnittsaufgaben durch die Bundesvertreterversammlung erfolgen.
Abschließend hat die Arbeits- und Sozialministerkonferenz festgestellt, dass die vorgesehene Ergänzung des § 138 Abs. 1 SGB VI zu einem Eingriff in die Organisationshoheit und das Selbstverwaltungsrecht der Regionalträger der gesetzlichen Rentenversicherung führt.
Vor diesem Hintergrund haben die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren die Streichung der vorgesehenen Regelung gefordert und gleichzeitig darum gebeten, Maßnahmen zur Stärkung der Cybersicherheit im Dialog und in Kooperation mit allen Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Regelungen zu erarbeiten und umzusetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke Herrn Minister Laumann und der Landesregierung sehr für ihr Engagement zugunsten der regionalen Selbstverwaltung und hoffe, dass die überzeugenden Argumente der zahlreichen Expertinnen und Experten in Berlin Gehör finden. Der Vorstand wird Sie selbstverständlich über die weitere Entwicklung in dieser Angelegenheit auf dem Laufenden halten.
Zum Abschluss meines Berichtes informiere ich Sie nun über die aktuelle Situation der Nordseeklinik Borkum.
Im Rahmen seiner Klausurtagung am 23. und 24. August 2023 befasste sich der Vorstand mit einem baufachlichen Gutachten aus dem Jahr 2022 und einer von der Geschäftsführung in Auftrag gegebenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zum zukünftigen Betrieb der Nordseeklinik Borkum der DRV Rheinland.
Das Gebäude der Nordseeklinik Borkum wurde in den Jahren 1986 bis 1989 errichtet und wird seitdem als Rehabilitationsklinik mit den Schwerpunkten pneumologische und psychosomatische Erkrankungen betrieben.
Die Klinik liegt direkt an der Promenade und damit in erster Reihe am Hauptstrand. Sie verfügt über 185 Betten. Diese befinden sich überwiegend in Einzelzimmern und einigen Appartements für Patienten mit Begleitpersonen.
Die Bausubstanz der Nordseeklinik Borkum ist überaltert und weist nach den gutachterlichen Feststellungen verschiedene Baumängel funktionaler, technischer, sicherheitsrelevanter und baulicher Art auf, die kurzfristig einen sehr hohen Gesamtsanierungsbedarf erfordern.
Die Firma „PD-Berater der öffentlichen Hand GmbH“ wurde beauftragt, auf der Grundlage des bereits vorliegenden baufachlichen Gutachtens eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unter Berücksichtigung der folgenden drei Varianten durchzuführen:
- Sanierung der Nordseeklinik
- Abriss und Neubau der Nordseeklinik
- Rückzug des Trägers DRV Rheinland
vom Standort Borkum.
Nach den gutachterlichen Feststellungen in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ist bei allen Varianten davon auszugehen, dass der Betrieb der Nordseeklinik für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren eingestellt werden müsste. Dies würde zu Erlösausfällen von bis zu 50 Mio. Euro bzw. 65 Mio. Euro bei einer Sanierung bzw. einem Neubau führen. Darüber hinaus entstünden Kosten in Höhe von ca. 92 Mio. Euro für eine Sanierung bzw. ca. 130 Mio. Euro für einen Klinikneubau. Insgesamt ergäben sich somit Gesamtkosten für die Varianten Sanierung und Neubau in Höhe von 142 bzw. 195 Mio. Euro.
Die Gutachter haben der DRV Rheinland daher aufgrund ihrer Feststellungen ausdrücklich empfohlen, sich vom Standort Borkum zurückzuziehen. Eine mögliche Sanierung oder ein Neubau der Nordseeklinik wurde von den Gutachtern vor dem Hintergrund erheblicher bautechnischer, betriebswirtschaftlicher und strategischer Bedenken ausgeschlossen.
Der Vorstand hat die Ergebnisse der beiden Gutachten auf seiner diesjährigen Klausurtagung intensiv, kontrovers und zum Teil auch emotional diskutiert. Nach sorgfältiger Abwägung der verschiedenen Aspekte hat der Vorstand dann einstimmig festgestellt, dass eine Sanierung bzw. ein Neubau und ein damit verbundener Weiterbetrieb der Nordseeklinik in der Trägerschaft der DRV Rheinland wirtschaftlich nicht mehr möglich ist.
Gleichzeitig hat der Vorstand die Geschäftsführung beauftragt, unverzüglich in Verhandlungen mit der Personalvertretung über einen Interessenausgleich und Sozialplan zur Schließung des Betriebes einzutreten sowie mit der DRV Bund und der DRV Knappschaft-Bahn-See, die ebenfalls Kliniken auf Borkum betreiben, unverzüglich ein Gespräch über den Klinikstandort aufzunehmen.
Die Geschäftsführung ist im Anschluss an die Klausurtagung unmittelbar in die Verhandlungen mit der Personalvertretung eingetreten.
Im Rahmen einer Kommunikationsstrategie wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nordseeklinik sowie die Interessenvertretung in mehreren Mitarbeiterversammlungen und bilateralen Gesprächen umfassend über die aktuelle Situation informiert und in den weiteren Lösungsprozess eingebunden.
Mit der Interessenvertretung der DRV Rheinland wurde am 6. Dezember 2023 eine Dienstvereinbarung bzw. ein Sozialplan abgestimmt. Wesentlicher Bestandteil der Dienstvereinbarung ist eine Entgeltsicherung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nordseeklinik auf Basis der tariflichen Regelungen. Darüber hinaus wurde eine Beschäftigungssicherung für den Fall der Weiterbeschäftigung in Kliniken der DRV Bund, der DRV Knappschaft-Bahn-See, in einer Klinik der DRV Rheinland oder in einer Klinik eines anderen Trägers der Deutschen Rentenversicherung vereinbart.
Betriebsbedingte Kündigungen sind grundsätzlich nicht vorgesehen und kommen als ultima ratio nur in extremen Ausnahmefällen in Abstimmung mit den Interessenvertretungen in Betracht, wenn sich ein Beschäftigter den zahlreichen, differenzierten Lösungsmöglichkeiten der Dienstvereinbarung vollständig verweigert.
Darüber hinaus gewährt die DRV Rheinland Umzugskostenvergütungen und übernimmt Kosten, die im Zusammenhang mit dem Wechsel des Dienstortes entstehen.
Zudem sieht die Dienstvereinbarung Ausgleichszahlungen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente zur Vermeidung von Rentenabschlägen vor.
Ferner enthält die Dienstvereinbarung Regelungen zur Inanspruchnahme möglicher tariflicher Abfindungen sowie Regelungen zu Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Sicherung eines zumutbaren und gleichwertigen Arbeitsplatzes.
Die Kooperationspartner am Standort Borkum konnten trotz intensiver Bemühungen der DRV Rheinland nicht für einen gemeinsamen Klinikneubau bzw. eine gemeinsame Generalsanierung der Nordseeklinik gewonnen werden. Mit den beteiligten Kooperationspartnern auf Borkum wurde im Rahmen einer eingesetzten Arbeitsgruppe ein abgestimmtes Personalübergangsszenario erarbeitet.
Im Einzelnen wurde hierbei vereinbart, dass grundsätzlich eine Übernahme der Beschäftigten der Nordseeklinik durch die Kooperationspartner erfolgt. Hierdurch können kurz- bis mittelfristig bestehende Vakanzen bei den Kooperationspartnern ggf. im Rahmen einer Überbuchung ausgeglichen werden. Jeder Mitarbeiter kann somit auf Wunsch auf der Insel Borkum verbleiben.
Die Klinik Borkum Riff der DRV Bund übernimmt dementsprechend die Abteilung Psychosomatik im Rahmen eines (Teil-)Betriebsübergangs nach § 613a BGB vollständig sowie den Bereich Hauswirtschaft der Nordseeklinik und substituiert zukünftig die bisher durch externe Dienstleister durchgeführte Gebäudereinigung durch eigenes Personal; auch hier ist ein Teilbetriebsübergang darstellbar.
Bis zum Personalübergang erfolgt eine externe Personalgewinnung zur Abdeckung bestehender Vakanzen durch die DRV Bund und die DRV Knappschaft-Bahn-See nur nach vorheriger Abstimmung mit der DRV Rheinland.
Die Versorgung der Versicherten der DRV Rheinland in den Indikationen Pneumologie sowie Psychosomatik wird auch zukünftig auf der Insel Borkum durch beide Kooperationspartner in ausreichendem Umfang sichergestellt.
Es ist festzustellen, dass in den Partnerkliniken auf Borkum ein sehr hoher Handlungsdruck zur Deckung der bestehenden Vakanzen besteht, so dass kurzfristig Personal aus der Nordseeklinik übernommen werden muss.
Die DRV Knappschaft-Bahn-See hat die DRV Rheinland aufgefordert, die Übernahme des Personals spätestens im März 2024 umzusetzen.
Die DRV Bund plädiert ebenfalls für eine sehr zeitnahe Personalübernahme (im Pflegedienst z.B. im Dezember) und favorisiert einen noch früheren Personalübergang.
Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nordseeklinik wünschen sich Klarheit und Sicherheit über den Zeitpunkt des Wechsels zu den Partnerkliniken oder zu einem anderen Arbeitgeber. Darüber hinaus wünschen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nordseeklinik zunehmend einen schnellen und sehr kurzfristigen Wechsel zu einem der beiden Kooperationspartner auf der Insel Borkum, zur DRV Rheinland oder zu einem anderen Arbeitgeber auf dem Festland.
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist ein grundsätzliches Anliegen des Vorstandes, dass keinem Mitarbeiter ein vorzeitiger Wechsel zu einem optionalen neuen Arbeitgeber verwehrt wird.
Sollte jedoch eine nennenswerte Anzahl von Mitarbeitern die Nordseeklinik verlassen, kann der Betrieb der Nordseeklinik nicht aufrechterhalten werden.
Bei beiden Kooperationspartnern besteht bereits jetzt die Notwendigkeit, freiwerdende Personalstellen extern zu besetzen, sofern diese Vakanzen nicht durch einen Wechsel des Personals der Nordseeklinik besetzt werden können.
Der Handlungsdruck für den Vorstand zur zeitnahen Überleitung des Personals war zuletzt sehr hoch, da die Gefahr bestand, dass aktuelle Vakanzen nicht länger aufrechterhalten werden können und für das Personal der Nordseeklinik verloren gehen.
Um eine unkontrollierte Beendigung des Geschäftsbetriebes der Nordseeklinik zu vermeiden und die Besetzung der vakanten Stellen in den Kooperationskliniken sicherzustellen, hat der Vorstand in seiner Sitzung am 12. Dezember 2023 verschiedene Beschlüsse gefasst, die als Grundlage für die Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens sowie für mögliche weitere Beschlüsse des Direktoriums und ggf. der Selbstverwaltungen der Kooperationspartner DRV Bund und DRV Knappschaft-Bahn-See dienen.
So hat der Vorstand vorgestern der zwischen Geschäftsführung und Interessenvertretung vereinbarten Dienstvereinbarung bzw. dem Sozialplan zugestimmt.
Ferner hat der Vorstand beschlossen, dass das Personal der Nordseeklinik spätestens mit Wirkung zum 31.03.2024 auf die Kliniken der Kooperationspartner DRV Bund und DRV Knappschaft-Bahn-See oder zur Zuführung einer anderen in der Dienstvereinbarung/Sozialplan erfassten Lösungsmöglichkeit übergeht. Der Betrieb der Nordseeklinik läuft dementsprechend durch den Personalübergang auf die Partnerkliniken aus.
Letztlich hat der Vorstand die Geschäftsführung beauftragt, zielführende Maßnahmen für eine wirtschaftliche Verwertung der Liegenschaften der DRV Rheinland auf Borkum zu ergreifen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
seien Sie versichert, dass sich der Vorstand die Entscheidungen im Zusammenhang mit der Nordseeklinik alles andere als leicht gemacht hat. Den gefassten Beschlüssen sind intensive und kontroverse Diskussionen vorausgegangen. Letztlich war jedoch auch der Vorstand davon überzeugt, dass aus wirtschaftlicher Sicht keine alternative Vorgehensweise umgesetzt werden kann.
Durch die in der Dienstvereinbarung enthaltenen Maßnahmen sind die Interessen der Beschäftigten, aber auch der Versicherten umfänglich gewahrt. Dies war den Mitgliedern des Vorstandes eine ausgesprochene Herzensangelegenheit.
Den Beschäftigten in der Nordseeklinik Borkum wünsche ich von Herzen einen guten Start in ihrem neuen Arbeitsumfeld und viel Erfolg für die Zukunft.
Sehr geehrte Damen und Herren,
damit beende ich meinen Bericht und es verbleibt meine Danksagung.
Im Namen des gesamten Vorstandes danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Hauses sehr herzlich für ihren unermüdlichen Einsatz und ihre erfolgreiche Arbeit im vergangenen Jahr. Mein besonderer Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Referates Selbstverwaltung für die stets gute Organisation der verschiedenen Sitzungen und die gesamte übrige Unterstützung im Jahr 2023.
Trotz der aktuellen Krisensituationen und der einen oder anderen Krankheitswelle wünsche ich Ihnen schöne und besinnliche Feiertage.
Ich hoffe, Sie finden Zeit, ein wenig innezuhalten und besinnliche Stunden zu verbringen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.