Deutsche Rentenversicherung

Beitrag 8: PD Dr. Jörn Greve: Die ICF - zur Einschätzung des Teilhabepotentials auch für Menschen mit Schwerst- und Mehrfachbehinderung

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Hintergrund

Mit diesem Überblick sollen mit Hilfe der ICF-Domänen erste Strukturen eines Förder- und Hilfeplans erstellt werden: Für das Teilhabepotential ist die individuelle Lebenssituation in ihrer gesamten Vielfalt zu berücksichtigen. Es sind nicht nur krankheitsbedingte Defizite gemäß ICD-10-Diagnose-Spektrum zu bewerten, sondern ebenso die Ressourcen der Person. Dafür gibt die ICF einen Rahmen. Dieser Bezugsrahmen mit gleichzeitiger Betrachtung von Hemm- und Förderfaktoren wird hier auf 3 Erhebungsebenen eingelöst. Bei Aktivitäts- und Teilhabestörungen werden in gleicher Weise die möglichen Förderfaktoren berücksichtigt, um so erste Hinweise zur Hilfeplanung zu geben. Beide Komponenten, Hemm- und Förderfaktoren beziehen sich bei der Ermittlung von Erhebungsdaten in gleichem Maße auf das mögliche Teilhabepotential. Auf diese Weise wird in den ICF-korrelierten Erhebungsverfahren die Interaktion von Person und Umwelt in einer angemessenen Weise abgebildet. Daten zu dem Personen/Umwelt-Gefüge werden auf drei unterschiedlichen Systemebenen (individuelle Fähigkeiten, soziale Interaktion, Arbeitsmarkt) erhoben und miteinander verknüpft. Dafür liegen 3 Erhebungsinstrumente vor, die allen ICF-Domänen Rechnung tragen, einschließlich der Lerngeschichte in bezug auf das Förderpotential.

Grundlage bildet ein dreifach gegliedertes Erhebungssystem (TIPI, FAS, KODI), das insgesamt 48 Indikatoren abbildet. Besonders die 12 TIPI-Merkmale sind für die Teilhabe am Arbeitsleben prognostisch bedeutsam. Analytisch lassen sich diese 12 Indikatoren vier unterschiedlichen Kategorien zuordnen (Person, Interaktionsfeld Familie und Gemeinde, Interaktionsfeld Betrieb, Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt). Für jeden Indikator werden sowohl das Gesundheitsproblem als auch die potenziellen Förderfaktoren als „kompensatorische Felder“ bewertet. Wie in den übrigen Erhebungssystemen sind die einzelnen Indikatoren korrespondierenden ICF-Kategorien zugeordnet, wie die Folie 6 am Beispiel der vormaligen IQPR-IMBA-Faktoren verdeutlicht.

Als Summenscore ergeben die einzelnen Indikatoren den Teilhabe- und Integrationsprognose Index (TIPI) unter gleichzeitigem Abwägen von Hemm- und Förderfaktoren. Das gleiche Vorgehen wird mit Bewertungen des Funktions- und Aktivitätsspektrums (FAS als modifizierte IMBA-Variante) sowie psycho-mental mit einer Kommunikationsdiagnostik (KODI) durchgeführt. Entgegen anderen Verfahren (Metzler-Skalen, "Hilfe nach Maß") erweisen sich die seelischen Problemfelder jedoch bei der KODI-Bewertung als weniger unterrepräsentiert, wenn ein dialogisches Vorgehen sowohl mit dem Betroffenen als auch seinem Betreuer erfolgt und so das Zeitspektrum der Entwicklung einbezogen wird. Der Summenscore ist lediglich als Hilfe zur Umsetzung eines Schweregradalgorithmus anzusehen z. B. bei strittiger Budgetzuweisungen, denn erst zusammen mit dem summarischen und dem funktionsspezifischen Förderpotential ergibt sich im Dialog mit allen Beteiligten die erste Struktur für den so gemeinsam entwickelten Hilfeplan.

Es liegen für das geschilderte Vorgehen erste bestätigende Ergebnisse vor. Das entsprechende Studiendesign dafür wurde mit Chr. Schmidt, IQPR, entworfen.

Studiendesign

Basis der Fallanalysen bildet ein dreifach gegliedertes Erhebungssystem (TIPI, FAS, KODI), das insgesamt 48 Indikatoren abbildet. Besonders die 12 TIPI-Merkmale sind für die Teilhabe am Arbeitsleben prognostisch bedeutsam. Analytisch lassen sich diese 12 Indikatoren vier unterschiedlichen Kategorien zuordnen (Person, Interaktionsfeld Familie und Gemeinde, Interaktionsfeld Betrieb, Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt). Für jeden Indikator werden sowohl das Gesundheitsproblem als auch die potenziellen Förderfaktoren (kompensatorische Felder) bewertet. Den einzelnen Indikatoren sind korrespondierende ICF-Kategorien zugeordnet.

Als Summenscore ergeben die einzelnen Indikatoren den Teilhabe- und Integrationsprognose Index (TIPI) unter gleichzeitigem Abwägen von Hemm- und Förderfaktoren. Das gleiche Vorgehen wird mit Bewertungen des Funktions- und Aktivitätsspektrums (FAS als modifizierte IMBA-Variante) sowie psycho-mental mit einer Kommunikationsdiagnostik (KODI) durchgeführt. Das KODI-Verfahren mit einer standardisierten Verhaltenanalyse bedarf gelegentlich ergänzender Fremddaten. Wie bei anderen Verfahren (Metzler-Skalen, "Hilfe nach Maß") erweisen sich die seelischen Problemfelder jedoch bei der KODI-Bewertung als weniger unterrepräsentiert, wenn ein dialogisches Vorgehen sowohl mit dem Betroffenen als auch seinem Betreuer erfolgt und so das Zeitspektrum der Entwicklung einbezogen wird.

Der Summenscore ist lediglich als Hilfe zur Umsetzung eines Schweregradalgorithmus anzusehen z. B. bei strittigen Budgetzuweisungen, denn erst zusammen mit dem summarischen und dem funktionsspezifischen Förderpotential ergibt sich im Dialog mit allen Beteiligten die erste Struktur für den so gemeinsam entwickelten Hilfeplan.

Es liegen für die einzelnen Verfahren erste Ergebnisse  vor, die diese Betrachtungsweise eines „gedoppelten“ Bewertungsverfahrens als dynamischen Ausblick auf personenspezifische Hemm- und Förderfaktoren bestätigt. Es sind Aussagen zum Schweregrad  (Problemeinstufung gem. ICF), über den Funktionsstatus (FAS) bzw. das psychische Aktivitätsspektrum über den Summenscore  möglich. Aus den jeweilig unterschiedlichen Summenscores der ausgewählten Gruppen der verschiedenen Reha-Sektoren lässt sich die Wertigkeit des angewandten Verfahrens ermitteln und eine mögliche Hilfeplanung in ersten Schritten realisieren.

Ein deutlicher Unterschied besteht zwischen Rehabilitanden der Rentenversicherung zur Gruppe ambulant bzw. quasi stationär betreuten Menschen mit Schwerst- und Mehrfachbehinderung im WfbM-Förderbereich sowie einer WfbM-Gruppe aus dem Produktionsbereich. Daraus ergibt sich die Wertigkeit des Verfahrens für eine trägerübergreifende Qualitätssicherung.

Autor

PD Dr. med. Jörn Greve; E-Mail: jbgreve@aol.com bzw. schmidt@iqpr.de

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