von Max Ueberle, ZeQ AG, Am Victoria-Turm 2, 68163 Mannheim, max.ueberle@zeq.de
Problem
Rehabilitationskliniken sind durch die Leitungsträger gehalten, ein ICF-basiertes und teilhabeorientierte Rehabilitationskonzept vorzulegen und Anforderungen an die Teilhabeorientierung nachzuweisen. Dazu gehört u. a. der Nachweis verschiedener Kooperationsbeziehungen.1 Die Erfüllung dieser Anforderungen sind durch die Zertifizierung in einem durch die BAR anerkannten Qualitätsmanagementsystem nachzuweisen. Künftig sollen nur noch solche Einrichtungen durch die Leistungsträger belegt werden, die diesen Nachweis erbringen. Für Rehabilitationsklinken ist der Nachweis also eine praktisch obligatorische Anforderung.
Im Rahmen der Zertifizierungsprozesse treten zunehmend Defizite in der Erfüllung der ICForientierten Anforderungen zutage. Rehabilitationskliniken stellen fest, dass sie die Anforderungen
an eine Zertifizierung hinsichtlich der ICF- und Teilhabeorientierung nicht erfüllen oder erhalten im Rahmen des Zertifizierungsaudits entsprechende Nebenabweichungen und gelegentlich auch
Hauptabweichungen offengelegt. Zumindest letztere führen zu einem Versagen der Zertifizierung und bedingen für die Kliniken einen raschen Handlungsbedarf.
Für eine Rehabilitationsklinik die die Anforderungen einer ICF- und Teilhabeorientierten Rehabilitation umfänglich nicht erfüllt, bedeutet eine Ausrichtung an der Teilhabeorientierung eine grundlegende Umgestaltung von Prozessen und Konzepten. Häufig steht die Einrichtung zudem unter Zeitdruck. In dieser Situation besteht die Gefahr, dass an der ICF orientierte Konzepte nur formal eingeführt werden. So werden häufig an den Komponenten der ICF orientierte Dokumentationssysteme rasch eingeführt, bei denen unklar bleibt, wie die gewonnenen Daten genutzt werden sollen. Ein solches Vorgehen erscheint nicht nachhaltig zielführend.
Ziel
Für bisher funktionale orientierte Rehabilitationskliniken wurde daher ein Verfahren entwickelt und erprobt, mit dem bei überschaubarem Aufwand und mit den verfügbaren Ressourcen eine an der ICF orientierte Rehabilitation sinnvoll eingeführt werden kann.
Umsetzung
Das Konzept wurde in einem Beratungsunternehmen im Gesundheitswesen entwickelt. Mitarbeiter der Beratung verfügen über umfassende Erfahrung in der Umsetzung der ICF im Rahmen von
Forschungs- und Implementierungsprojekten. Die Herausforderung lag jetzt in der Umsetzung in der Breite bei begrenzten Ressourcen.
Dazu wurde eine Checkliste erarbeitet, in der wesentliche Elemente einer an der ICF orientierten Rehabilitation abgebildet sind („ICF-Kurzcheck“). Hierin werden die Anforderungen der Leistungsträger gem. dem BAR-Manual in Verbindung mit wesentlichen Aspekten der ICF strukturiert abgebildet. Hauptelemente der Checkliste sind
- Anforderungen an das Leitbild, die Behandlungskonzepte und das Einrichtungskonzept
- Anforderungen an die interdisziplinäre Teamarbeit
- Anforderungen an die Zusammenarbeit über Schnittstellen hinweg (Überleitung, Zusammenarbeit mit weitern Anspruchsgruppen)
- Setzung von Rehabilitationszielen (der umfangreichste Teil)
Mit dieser Checkliste ist es möglich, bereits vorhandene Elemente einer Teilhabeorientierung strukturiert zu ermitteln und Ergänzungs- und Veränderungsbedarf festzustellen. Zudem gibt die Checkliste klare Hinweise, welche Aspekte umzusetzen sind. Im praktischen Vorgehen werden anhand der Checkliste die darin vordefinierten Arbeitspakete den zuständigen Mitarbeitern zugeordnet. Im Vorfeld werden die an der Einführung hauptsächlich beteiligten Mitarbeiter einen Tag lang geschult, weitere Mitarbeiter erhalten eine etwa zweistündige Einführungsschulung
Über den Beratungszeitraum steht bei der Umsetzung ein fachlicher Ansprechpartner zur Verfügung. Neben den Einführungsschulungen und einem Abschlussworkshop tritt die Umsetzungsgruppe in etwa vier moderierten Einführungssitzungen zusammen.
Fazit
Die Checkliste ist bereits in einigen Rehabilitationskliniken eingesetzt worden. Durch das strukturierte Vorgehen können anstehende Aufgaben rasch identifiziert und den zuständigen Mitarbeitern zugeordnet werden. Damit kommt ein Implementierungsprojekt schnell in Gang und der administrative Aufwand wird gering gehalten. Zudem besteht die Gewähr, dass die umgesetzten Elemente sinnvoll miteinander verbunden sind. Auch wenn bisher wenig ICF-spezifisches Know-how zur Verfügung steht, kann der Arbeitsaufwand für die Mitarbeiter und für die externe Beratung überschaubar gehalten werden. Wichtige Aspekte der ICF werden zudem nicht nur formal, sondern substanziell umgesetzt. Die Anforderungen im Rahmen der Zertifizierung eines Qualitätsmanagementsystems werden somit
erfüllt.
Was können andere lernen
Im Vergleich zu sonst oft üblichen Vorgehensweisen in Projektgruppen ist das vorstrukturierte Vorgehen wesentlich zeitsparender und führt dennoch zu einem im Sinne der ICF (und der Therapieeffizienz) zielführenden Ergebnis.
Kritik
Ein möglicher Kritikpunkt ist eine Gleichförmigkeit von Konzepten und Umsetzungen über Einrichtungen hinweg. Das in der standardisierten Vorgehensweise abgebildete Vorgehen ist selbstverständlich nur eine Umsetzungsmöglichkeit der ICF unter vielen möglichen. Rehabilitationskliniken, die die Teilhabeorientierung als ihr Alleinstellungsmerkmal nutzen möchten, können darauf aufbauend weiterhin individuelle Vorgehensweisen entwickeln.
Ausblick
Der „ICF-Kurzcheck“ wird anhand der Beratungserfahrungen laufend weiterentwickelt. Künftig werden auch Einrichtungen der ambulanten Rehabilitation ähnlichen Anforderungen der Leistungsträger gegenüberstehen. Der „ICF-Kurzcheck“ für ambulante Einrichtungen befindet sich in der Entwicklung.
1 BAR: Manual für ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement für stationäre Rehabilitationseinrichtungen
nach § 20 SGB IX. In: Vereinbarung zum internen Qualitätsmanagement nach § 20 Abs. 2a SGB IX. Frankfurt am
Main, 2009, S. 13 – 42.
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