Deutsche Rentenversicherung

Minister Laumann: Grundrente nicht ohne Bedürftigkeitsprüfung

Datum: 28.06.2019

  • NRW-Landesminister Karl-Josef Laumann zu Gast bei Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Westfalen
  • Rede zur Zukunft der Sozialen Sicherungssysteme
  • DRV: Mütterrente II in Westfalen reibungslos umgesetzt

Eine Grundrente ist für NRW-Landesminister Karl-Josef Laumann nur mit einer Bedürftigkeitsprüfung vorstellbar. Vor der Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Westfalen sagte Laumann heute (28. Juni) in Dortmund wörtlich: „Man kann das nicht ohne Bedürftigkeitsprüfung machen!“ Er fügte indes hinzu: „Über die Form der Bedürftigkeitsprüfung kann man reden.“

Fast eine Stunde redete der Minister in seinem Gastvortrag heute über die Zukunftssicherung der Sozialversicherungssysteme vor der Vertreterversammlung der DRV Westfalen, die im Dortmunder Berufsförderungswerk tagte. Die Vertreterversammlung ist das Parlament des Rentenversicherungsträgers und besteht aus je 15 Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber. Die DRV Westfalen mit Sitz in Münster ist mit rund 4 Millionen Versicherten für gut die Hälfte der Rentenversicherten in Westfalen zuständig.

Minister Laumann erinnerte in seiner Rede mehrfach daran, dass die demografische Entwicklung die zentrale Herausforderung nicht nur für die Rentenversicherung sondern für alle Sozialversicherungen wie auch für die Gesellschaft insgesamt sei. „Deshalb ist jetzt die wichtigste Frage: Wie geht es mit unserem Sozialstaat weiter?“ Für Laumann liegt der Schlüssel darin, möglichst viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen, um die Sozialsysteme auch weiterhin finanzieren zu können.

Die Politik und insbesondere die Reformen im Rentenrecht durch die Große Koalition nahm auch der Vorstandsvorsitzende der DRV Westfalen, Prof. Dr. Volker Verch, in den Fokus seines Vorstandsberichts. Verch sieht die aktuellen Realisierungschancen für die von Bundesminister Heil geplante Grundrente skeptisch. „In der Gesamtschau erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr als fraglich, ob Herr Minister Heil sein Konzept der Grundrente wird durchsetzen können – oder ob es der Grundrente ergeht, wie ihren Vorgänger-Konzepten zur Lebensleistungsrente oder Solidarrente“, sagte Verch.

In seinem Vorstandsbericht hob Prof. Verch die Diskussion um die Bedürftigkeitsprüfung exemplarisch hervor. Dabei verwies er auch auf den Münsteraner Sozialrechtswissenschaftler Prof. Dr. Heinz-Dietrich Steinmeyer. Der hatte jüngst die Pläne, auf eine Bedürftigkeitsprüfung bei der Grundrente zu verzichten, als verfassungswidrig beurteilt. Die pauschale Aufwertung von Rentenanwartschaften und -leistungen führe nach Einschätzung des Sozialrechtsexperten zu einer Ungleichbehandlung von Beitragszahlern, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei.

Dagegen meldete der Vorstandsvorsitzende für ein anderes Rentenprojekt der Großen Koalition erfolgreichen Vollzug: So hat der münsteraner Rentenversicherungsträger die Einführung der sogenannten Mütterrente II technisch problemlos umsetzen können. Insgesamt haben knapp über 440.000 Rentnerinnen und Rentner der DRV Westfalen von der Neuregelung profitiert. Verch berichtete, dass bei Neurenten mit Rentenbeginn im Januar 2019 die Neuregelung sofort zum Rentenbeginn umgesetzt werden konnte. Die Neuberechnungen der Bestandsrenten sind bei dem westfälischen Rententräger bis April und Mai erfolgt. Betragsmäßig ergab sich eine Nachzahlung in Höhe von knapp über 50 Millionen Euro. Mit der zum 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Neuregelung sind die Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder um sechs Monate beziehungsweise einen halben Entgeltpunkt angehoben worden.

Prof. Verch ging in seinem Vorstandsbericht auch auf die finanzielle Lage der deutschen Rentenversicherung auf Bundesebene ein. Die allgemeine Rentenversicherung hat das Jahr 2018 mit einem Überschuss der Einnahmen in Höhe von 4,4 Milliarden Euro abgeschlossen. Für das Jahr 2019 erwartet die Deutsche Rentenversicherung Bund noch einen Überschuss von 78 Millionen Euro und eine gegenüber dem Jahr 2018 leicht steigende Nachhaltigkeitsrücklage von 38,5 Milliarden Euro oder 1,7 Monatsausgaben. Der Beitragssatz kann nach der vorliegenden Schätzung bis zum Jahr 2023 unverändert bei 18,6 Prozent verbleiben.

Ein millionenschweres Ärgernis für die Rentenversicherung ist seit einigen Jahren das Thema Negativzinsen. „Und ein Ende der Niedrigzinsphase ist noch immer nicht in Sicht“, prognostizierte der Vorstandsvorsitzende. Die allgemeine Rentenversicherung hat bundesweit im Jahr 2018 insgesamt über 57 Millionen Euro an Negativzinsen und Verwahrgelder gezahlt, die Deutsche Rentenversicherung Westfalen allein 2,87 Millio­nen Euro.