Deutsche Rentenversicherung

„Rente trotz Arbeit“ wird künftig häufiger

Datum: 09.12.2022

  • Wegfall der Hinzuverdienstgrenze Thema in der Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Westfalen
  • Höherer Hinzuverdienst auch bei Erwerbsminderungen möglich
  • Grundrente: Erstes Fazit zur Umsetzung

Vorstandsvorsitzender Prof. Volker VerchQuelle:Deutsche Rentenversicherung Westfalen Vorstandsvorsitzender Prof. Volker Verch

Den Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten ab Januar 2023 sieht die Rentenversicherung mit Skepsis: „Einige der neuen Regelungen sehen wir als Rentenversicherung durchaus kritisch“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Westfalen, Prof. Dr. Volker Verch, heute (9. Dezember) in der Vertreterversammlung des Rentenversicherungsträgers in Münster. Die Vertreterversammlung ist das Parlament der DRV Westfalen und besteht aus Vertretern der Versicherten und Arbeitgeber.

Die vom Bundestag beschlossene Gesetzesänderung sieht vor, dass bei vorgezogenen Altersrenten ab 2023 keine Hinzuverdienstgrenzen mehr bestehen. „Für diejenigen Versicherten, die bis zur Regelaltersgrenze arbeiten wollen, schafft die Neuregelung erhebliche Anreize den Rentenbezug vorzuziehen, während sie dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung stehen. Diese Konstellation ist verbunden mit dauerhaften Mehrausgaben für die Rentenversicherung“, erklärte der Vorstandsvorsitzende und machte deutlich: „Eine Altersrente hatte bislang eine Lohnersatzfunktion. Die geplanten Änderungen führen dazu, dass das Ende der Erwerbsphase und der Rentenbeginn stärker voneinander entkoppelt werden.“ 

Und selbst wenn die Altersrente mit Abschlägen in Anspruch genommen wird, könne ein vorgezogener Rentenbezug zusätzlich zum Arbeitsentgelt finanziell interessant sein und entsprechend genutzt werden. Denn die durch eine Weiterarbeit erworbenen Entgeltpunkte können die Verluste durch die Abschläge mindern. „Die Beantragung einer vorgezogenen Altersrente wird zu einer rechnerischen Entscheidung, wobei für die Entscheidung der Versicherten individuelle Modellrechnungen erforderlich sind. Bereits jetzt ist ein erhöhter Beratungsbedarf festzustellen, der zukünftig sicherlich erheblich steigen wird. In jedem Fall ist mit einer steigenden Inanspruchnahme vorzeitiger Altersrenten bei einer gleichzeitigen Weiterbeschäftigung zu rechnen“, prognostizierte Prof. Dr. Verch. 

Andererseits hob der Vorstandsvorsitzende hervor, dass die neuen Möglichkeiten auch Anreize zu einem längeren Verbleib im Arbeitsleben geben können: „Aus Sicht der Arbeitgeber wird das Gesetz begrüßt, wenn durch die Abschaffung der Hinzuverdienstgrenzen erreicht wird, dass mehr Arbeitnehmer länger im Erwerbsleben bleiben und Beiträge zahlen.“ 

Prof. Dr. Verch verwies in diesem Kontext zudem auf die ebenfalls in 2023 in Kraft tretenden neuen Hinzuverdienstmöglichkeiten bei Erwerbsminderungsrenten. Diese Grenzen werden ab Januar von bisher 6.300 Euro jährlich auf fast 18.000 Euro angehoben. Bei teilweiser Erwerbsminderung wird die Hinzuverdienstgrenze sogar auf über 35.000 Euro angehoben. Der Vorstandsvorsitzende machte dabei auf mögliche Konsequenzen für die Betroffenen aufmerksam: „Bei Erwerbsminderungsrenten kann durch eine Beschäftigungsaufnahme der Grundanspruch auf die Rente in Frage stehen. Nimmt ein Erwerbsminderungsrentner eine Beschäftigung auf, stellt sich auch die Frage, ob die Erwerbsminderung trotz der ausgeübten Beschäftigung weiterhin vorliegt.“ Auch hier sieht Prof. Dr. Verch einen zusätzlichen Beratungsaufwand auf die Rentenversicherung zukommen. 

Ein positives Fazit zog Prof. Dr. Verch zur Umsetzung der sogenannten Grundrente. Die Prüfungen, ob jemand Anspruch auf den Grundrentenzuschlag hat, erfolgen seit Juli 2021. Begonnen wurde damals zunächst bei allen Renten, die erstmalig beantragt worden waren. Anschließend wurden die Konten aller 1,1 Millionen Bestandsrenten bei der DRV Westfalen geprüft. Dies ist nun weitgehend abgeschlossen, konnte der Vorstandsvorsitzende berichten. In der Bearbeitung sind jedoch unter anderem Konten, bei denen die Rentenbeziehenden dauerhaft im Ausland leben. In diesen Fällen gestaltet sich die Einkommensermittlung mitunter schwierig. 

Der Gesetzgeber hatte den Grundrentenzuschlag eingeführt als Zeichen der Anerkennung für Lebensleistung sowie als einen Baustein zur Vermeidung von Altersarmut. Bei der Rentenversicherung führte die Umsetzung des komplexen Gesetzes zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand. „Dass dieser enorme Kraftakt vor Ablauf der gesetzgeberischen Frist zum Jahresende geschafft werden konnte, ist dabei vor allem dem großen Engagement aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rentenversicherung zu verdanken, die diese Zusatzaufgabe neben den täglichen Herausforderungen der Coronazeit hervorragend bewältigt haben. Herzlichen Dank dafür!“, betonte Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Volker Verch in der Vertreterversammlung. 

Bildunterschrift:
Vorstandsvorsitzender Professor Dr. Volker Verch